Das Jüngste Gericht Wacht! Euch zum Streit gefaßet macht

Ein Oratorium, das Dietrich Buxtehude zugesprochen wird

Vollständige Ausgabe!


DIETRICH BUXTEHUDE
1637 - 1707




DAS JÜNGSTE GERICHT
Wacht! Euch zum Streit gefaßet macht


Band I
Actus I & Actus II





Die Quelle

In der Düben-Sammlung der Universitäts-Bibliothek Uppsala findet sich unter der Signatur vok. mus. i hskr. 71 ein ca. 120 Blatt umfassendes, abendfüllendes Werk, das in Einzelstimmen handschriftlich überliefert ist und weder den Komponisten nennt noch ein Datum trägt. Zehn Stimmen sind ausgewiesen: Fünf vokale (zwei Soprane, Alt, Tenor, Bass), fünf instrumentale (zwei Violinen, zwei Violen, und eine bezifferte Continuostimme), gegliedert in drei Actus, die durch Vorsatzblätter mit den Besetzungs-Angaben gekennzeichnet sind.

Formal mag das Stück die Voraussetzungen eines Oratoriums erfüllen. Allerdings steht es im zeitlichen (entstanden vermutlich in den 1680ern, wobei die Datierung durch Papier- und Schreiberkriterien möglich war) wie regionalen (deutsche, wenn nicht sogar wegen sprachlicher Charakteristika norddeutsche Provenienz) Kontext so singulär da, dass Vergleiche und Analogien nicht ohne weiteres herhalten können, natürlich auch deshalb, weil fast alle vergleichbare Musik verloren gegangen ist. Die Unsicherheit in der Zuordnung mag mit ein Grund sein, warum dieses interessante Opus, abgesehen von vereinzelten Versuchen, solange einen Dornröschenschlaf führte, aus dem es mit der vorliegenden Ausgabe erweckt und einer breiteren Öffentlichkeit erstmalig wieder zugängig gemacht werden soll.

Die Musikwissenschaft hat sich seit Entdeckung des Werks in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts relativ kontrovers mit ihm auseinandergesetzt. Die Untersuchungen gipfeln in der sehr aufschlussreichen und informativ zusammenfassenden Dissertation von Sara Cathca Ruhle („An anonymous seventeenth-century German oratorio in the Duben collection“ ( Chapel Hill NC 1982)).

Aber eindeutig unwiderlegbar erwiesen ist bis heute nicht, trotz aller dafür sprechenden Indizien, dass Dietrich Buxtehude der Komponist und die berühmten Abendmusiken in der Lübecker Marienkirche der Aufführungsort des Oratoriums gewesen sein sollen. Allgemein hat man sich daran gewöhnt, Buxtehude als den Urheber zu betrachten.

Der Inhalt

Der erste Akt präsentiert quasi als Prolog die drei allegorischen Figuren Geiz, Leichtfertigkeit und Hoffart. Eine Parallele zu den klassischen „sieben Todsünden“ liegt nahe: mindestens auch noch die Unkeuschheit (Wollust) und die Unmäßigkeit (Völlerei) spielen im weiteren Verlauf mehr oder weniger deutlich konturiert eine Rolle. Diese wetteifern erst um die Vorrangstellung, tun sich dann aber zusammen, um das „Teutsche Reich“ zu verderben; die „Göttliche Stimm“ (nur hier im ersten Akt so benannt) wie auch das große Ensemble treten als warnende und mahnende Instanzen dagegen auf.

Im zweiten Akt spielt sich ein Wettstreit zwischen Gut (Soprano 1.mo) und Böse (Soprano 2.do) ab. Willi Maxton nennt sie „Gute Seele“ und „Böse Seele“ (was allerdings durch nichts in der Quelle belegt ist).

Der Bass wie auch die Trios aus Alt, Tenor und Bass und das Gesamtensemble erfüllen eine kommentierend-belehrende Funktion. Hier geht es einerseits um die Erlangung von irdischen Reichtümern, also Geld und Gold (Geiz und Neid ist dann auch schnell vertreten) oder um himmlische Güter, also Jesus als innerer Gewinn (sein Blut wird als Diamanten und Rubinen bezeichnet), die über die Perle der Weisheit hinaus die Seele bereichern.

Im dritten Akt wird bei gleich bleibender Besetzung die Palette des Bösen um Prasserei, Saufen und Unzucht erweitert. Wie schon diese Häufung von Untugenden andeutet, spitzt sich hier die Situation dramatisch zu, bis hin zur drastischen Verdammung alles Törichten, Verwegenen und Rasenden in die Hölle, was in immer krasseren Wechseln der Partitur und des Textes hörfällig demonstriert wird. Die Erlösung kulminiert in der fast ätherisch-entrückten „Violini“-Version des im Anschluss gesungenen Luther-Chorals „Mit Fried und Freud ich fahr dahin“, der in einer jubelnden „Schluß Aria“ das Werk beendet.

Bestellnummer eba6020

Preis 46,- € (Mail)

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DIETRICH BUXTEHUDE
1637 - 1707




DAS JÜNGSTE GERICHT
Wacht! Euch zum Streit gefaßet macht


Band II

Actus III



Bestellnummer eba6021

Preis 34,- € (Mail)

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eba6021
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Das Libretto besteht aus drei Elementen: Choräle (klassisch protestantisch, mit besonderer Bevorzugung der viermaligen Anleihen aus Philipp Nicolais „Wie schön leuchtet der Morgenstern“), Bibel-Zitate (meist dem Bass als „Göttliche Stimm“ zugewiesen), und in großer Zahl Strophenarien lyrisch-poetischen Zuschnitts eines bislang nicht zu eruierenden Verfassers; auch hier gibt es Spekulationen, die Buxtehude dahinter vermuten. Es sind einige Gedichte von Buxtehude überliefert. Neben einem frühen Gedicht auf den Tod seines Vaters (vertont als „Klaglied“), sind auch in der „Harmonologia musica“ von Andreas Werckmeister aus dem Jahr 1702 Textbeiträge von ihm zu finden.

Die Satz-Techniken des Oratoriums sind schnell umrissen:
1) Das komplette Stimmenpotenzial umfassende Tuttisätze, meist fünfstimmig vokal gesetzt, die Instrumente laufen oftmals mit colla-parte und haben wenig eigenständigen Anteile
2) Trios für Alt, Tenor und Bass mit Ritornellen für zwei Violinen
3) Solo-Arien die überwiegend den beiden Sopranen, in geringem Umfang auch dem Alt und Tenor, zugewiesen sind. Diese sind ebenfalls mit Ritornellen versehen.
4) Rezitativisch-konzertierende, ausschließlich Continuo-begleitete Ariosi für den Bassisten, sowie einige wenige Rezitative für die anderen Solisten.
5) Rein instrumental ausgeführte, jeweils am Beginn eines jeden Aktes disponierte Sonaten sowie im weiteren Verlauf kurze Überleitungen, die sonst eher als Sinfonie bezeichnet werden.
Duette und Quartette existieren nur als kurze Einschübe in den großen Chören.

Zur Aufführung

Die Faktur des Stückes ist sehr abwechslungsreich. Es gibt eine stete Abwechslung zwischen großen Chören oder Chorälen mit überraschenden harmonischen Wendungen, Rezitativen (z.B. "Die göttliche Stimm"), Arien und Terzetten mit teilweise drastischer Textausdeutung. Aber es ist wohl schwerlich möglich, einem heutigen Publikum das Werk als Ganzes anzubieten, da es den Rahmen einer gewöhnlichen Oratorienaufführung und das Bedürfnis nach „echter“ Dramatik - etwa im Sinne eines Oratoriums von Georg Friedrich Händel - sprengt.

Natürlich gibt es die Möglichkeit (wie es Buxtehude ja auch bei seinen späteren Abendmusiken tat), das Stück auf mehrere Tage zu verteilen, oder sich auf einen Teil zu beschränken (in der jüngsten Vergangenheit wurde häufig nur der dritte Actus aufgeführt). Ebenso praktikabel ist natürlich eine radikale Kürzung, wobei ganze Charaktere gestrichen werden können, oder aber die Streichung der zahlreichen Wiederholungen der Strophenarien.

Die Besetzung lässt sich variabel gestalten:
– Zwei Geigen und eine Bassgruppe, dann muss auf die Nummer 67 verzichtet werden, da sie mindestens zwei Violastreicher benötigt. Die Arie mit dem Viola-Ritornell (Nr.41) müsste dann allerdings entweder gestrichen oder mit Geigen besetzt werden. Auf das hinzugefügte Bassinstrument sollte nicht verzichtet werden.
– Volle Streicherbesetzung mit zwei Geigen, zwei Violen, Bassinstrument (wobei es möglich ist, dass die Geigen bei der Nr.67 die Oberstimmen spielen).
– Hinzufügung von Bläsern (Oboen, (Block-)Flöten, Fagott(e), Zinken, Posaunen etc.) bei den großen Chorsätzen und einigen Ritornellen.
– Continuo-Besetzung:
Da das Stimmmaterial wohl nie für eine Aufführung benutzt wurde (s.o.), ist auch nur eine Continuo Stimme enthalten (bei vielen Stücken der Düben-Sammlung sind sie mehrfach vorhanden: Continuo, Organo, Cembalo, Thiorba etc.), wodurch also keine Rückschlüsse auf die Besetzung hergeleitet werden kann. Die Mitwirkung der großen Orgel war in Lübeck gewiss. Die opernhafte dramatische Struktur würde wohl eher ein Cembalo unterstützen, aber auch Theorbe, Harfe etc. sind denkbar. Auf Bassinstrumente zur Verstärkung der Basslinie wie Viola da gamba, Violoncello oder Fagott sollte auf keinen Fall verzichtet werden.