Labyrinthe

Das Wort Labyrinth ist wohl der Inbegriff des Mühevollen, herrscht doch im Irrgarten das Prinzip des Umweges; beschwerlich - aber zwangsläufig.

Ein breites Experimentierfeld bot sich in der Kunst, in der das Labyrinth normalerweise als Irrgarten in verschiedensten Formen auftritt, häufig als Gartenlabyrinth oder als geistiges Versenkungsspiel in den Kathedralen. Musikalisch werden vor allem Bereiche der spekulativen Musik dargestellt. Hiervon zeugen Madrigale von Luca Marenzio und anderen, die Ariadne Musica von Johann Caspar Ferdinand Fischer oder das Labyrinth de Versailles von Marin Marais.

Für diesen Band werden drei vollkommen unterschiedliche Labyrinthmusiken vereinigt, die sich alle einer verschiedenen Aufgabenstellung widmen:

Das Labyrinth im Sinne einer verwirrenden Augenspielerei finden wir in Benedetto Marcellos (1686-1739) Laberinto sopra il Clavicembalo. Das gesamte Stück ist in der benutzten Quelle (Graz24) auf einem System notiert. Im Original kommt zu der ungewöhnlichen Notation hinzu, das sämtliche Schlüssel im permanenten Wechsel verwandt werden. In der Quelle Bologna weist der Untertitel auch darauf hin: „consiste nell´esser composto ad una tratto cambiamenti di chiave, ora in basso, ora in soprano, tenore, contralto, e violino. Peraltro va eseguita con entrambe le mani.” In einer venezianischen Quelle ist das Stück zwar auf zwei Systemen notiert, allerdings gilt hier das obere für die linke Hand, das untere für die Rechte... .

Das Labyrinth in der heute gebräuchlichen Form als (klingender) Irrgarten findet sich in der Enharmonischen Sonate von Gottfried Heinrich Stölzel. (1686-1739) Dieses Werk steht dem kleinen harmo-nischen Labyrinth Johann Sebastian Bachs in mancher Hinsicht nahe. Dem Hörer - und auch dem Leser - wird der eigentliche Ausweg aus diesem Tondickicht in allen drei Sätzen fast immer vorenthalten, beinahe jede Note wird umgedeutet und verwechselt. In so extremer Ausdeutung des Mühsamen, des Umweges und der Verwirrung stellt dieses Werk auch einen Endpunkt einer langen Entwicklung dar.

Das Labyrinth in seiner ursprünglich gemeinten Form als Bewegungsspiel bietet sich bei Georg Andreas Sorges Toccata per omnem Circulum 24 Modorum fürs Clavier. Sorge geht innerhalb eines italienischen Konzertsatzes einen überaus gewagten Weg über 24 Tonarten. Großartigerweise gelingt es ihm, bei aller tonaler Formlosigkeit durch die Wiederkehr thematischer Partikel eine große Form zu entwerfen und eher das Auge als das Ohr zu Verwirren.


AUTORI DIVERSI

LABYRINTHE

für Cembalo

Bd. I






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Bestellnummer eba4008
Preis 11,90 € (Mail)

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AUTORI DIVERSI

LABYRINTHE

für Cembalo

Bd. II






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Johann David Heinichen (1683-1729) ist der Komponist gleich mehrerer labyrinthischer Kompositionen, die allesamt in seinem Traktat Der General-Bass in der Composition veröffentlicht sind, das 1728 in Dresden erschien. Dort fragt Heinichen nach dem besten Weg der Modulation durch ein Stück und stellt sechs verschiedene Möglichkeiten im stylo gravi vor. Die erste ist hier veröffentlicht und nach Heinichens Anweisung in den Mittel=Stimmen, so wohl in der rechten als lincken Hand so vollstimmig dazu greiffen, als es ihm gefällig, welches vollstimmige Wesen allhier in Noten zu setzen, eben so überflüssig wäre, als es die Exempel nur obscur machen würde. Die siebte Möglichkeit ist im stylo figurato gehalten, da er findet, dass man nachdem man sich in dergleichen Circulationes sich in diesen harmoniosen und legalen Stylo ohne Verletzung des Gehöres practiciren lassen, so muß es nothwendig in allen andern viel freyeren Stylis desto eher angehen.

Marin Marais (1656-1728) hatte für sein Labyrinth, das er versuchte in Tönen darzustellen, ein reales Vorbild: das Labyrinth im Park von Versailles. Geschmückt war er mit 39 Tierbrunnen welche die schönsten Fabeln des Äsop darstellten.  Tatsächlich war es so angelegt, das mit jeder neuen Abzweigung eine neue Geschichte begann. So ist auch Marais Labyrinth ein Wunder an ständigem Wechselspiel von melodischen Erfindungen und Modulationen. Dies allein ist schon Grund genug die ursprüngliche Gambenkomposition für ein Clavierinstrument zu Bearbeiten.

Johann Sebastian Bach (1685-1750) gilt zur Zeit wieder als Autor des Kleinen harmonischen Labÿrinths, wobei auch Johann David Heinichen lange als Komponist dieses Werkes gehandelt wurde. Weil dieses Werk so überaus kühne, ja extreme Modulationen aufweist, kam man trotz ungesicherter Autorschaft leicht in Versuchung es Johann Sebastian Bach zuzuschreiben. Zwar ist dieses Stück schon durch andere Ausgaben bekannt, unserer Edition wurde jedoch eine bisher scheinbar unberücksichtigte Abschrift zu Grunde gelegt. Telemanns plötzliche Eintritte in entfernte Accords machen den kleinen Anhang dieses Bandes barocker Labyrinthmusiken.

Bestellnummer eba4023
Preis 11,90 € (Mail)